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Für 30,- Euro kann Rehema ein Jahr lang die Sekundarschule besuchen

Ein harter Test

Gerade mal ein Jahr alt ist das bezaubernde Zwillingspärchen, das der ganze Stolz der Eltern, des Pastorenehepaars Atanas und Grace Kyando, ist. Aber beide Mädchen haben sich bei einem Verwandtschaftsbesuch in Dar-es-Salaam Malaria eingehandelt. Nun liegen sie im Consolata-Krankenhaus von Ikonda, dem besten weit und breit, und die Ärzte kämpfen um ihr Leben. Die Kinder benötigen eine Bluttransfusion. Es werden Spender gesucht. Pastor Kyandos Kirchengemeinde Mang’oto wird gerade von einer Delegation von 10 Schülerinnen, zwei Lehrerinnen und einem Pfarrer aus Halberstadt in Sachsen-Anhalt besucht. Sie sind unterwegs in den Livingstone Bergen, hören von der Notsituation, sind spontan bereit, Blut zu spenden, zumal sie gerade die dem Krankenhaus benachbarte Sekundarschule Lupalilo besuchen wollen. Ohne elterliche Genehmigung dürfen die unmündigen Mädchen dieses aber nicht; nur die Erwachsenen kommen in Frage. Aber wie das mit dem Reisen auf unwegsamen „Straßen“ in Tansania nun einmal ist: Sie kommen drei Stunden später als geplant bei der Schule an – und auch zu spät für die gute Tat, denn zwischenzeitlich hat eine italienische Krankenschwester mit der richtigen Blutgruppe das lebensrettende Nass gespendet.

Auch 10 Schülerinnen und Schüler der örtlichen Sekundarschule –Brieffreunde der deutschen Gäste, voller Erwartung, sie persönlich kennenzulernen – hatten je einen halben Liter des roten Lebenselixiers zur Rettung der Zwillinge beigesteuert. Darauf wurde aber verzichtet, denn Consolata war in diesem Jahr 2000 auf der Höhe der Zeit: Man hatte gerade ein Testgerät angeschafft. Das Blut der Schülerinnen und Schüler wurde nicht ungeprüft weitergegeben, und der Test ergab: Vier von 10 waren HIV-positiv. Ohne das Testgerät wäre das frische, junge Leben der Zwillinge fatal beschädigt und abgekürzt worden. Abgekürzt, so wussten die deutschen Schülerinnen jetzt, wird das Leben einiger ihrer neuen Freundinnen sein. Sie kämpften mit den Tränen und bedrückenden Gedanken: Warum gibt es so viel Not in dem so wunderschönen Ostafrika? Ist es Schicksal, selbstverschuldete Unmündigkeit, Gottes Wille, Vernachlässigung seitens der reichen „Ersten Welt“? Es war ein Glückstag für die Zwillinge; für die deutschen und tansanischen Teenager aber: Ein harter Test!

Postscriptum 2009, neun Jahre später: Die Zwillinge sind gesunde, hübsche Mädchen von 10 Jahren und besuchen erfolgreich die Grundschule in Dar-es Salaam, wo ihre Eltern nunmehr als Lehrer einen neuen Wirkungskreis gefunden haben.

Hartmut Barsnick

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